R. Vogel, F. Scharfe, C. Andratschke, G.-E. Vogel
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EinleitungGutes Standvermögen beim Anspritzen, leichtes Abziehen beim Einebnen, Geschmeidigkeit und kein Aufreißen beim Nachziehen sind die entscheidenden Kriterien bei der Beurteilung der Verarbeitungseigenschaften von Putzmörtel. Eine genormte Anleitung zur Beschreibung oder auch Messung dieser Eigenschaften gibt es nicht. Daher werden Verarbeitungs- und letztlich auch Materialeigenschaften mit dem Anspritzen an Versuchswände, einer individuellen Bearbeitung sowie Beurteilung des frischen Putzes nach einem bewährten Erfahrungsprofil bestimmt. Neben bzw. in Ergänzung einer solchen subjektiven Putzmörtelbewertung werden auch Rührversuche durchgeführt, die ein drehzahlgebundenes Rührmoment spezifischen Produkteigenschaften zuordnen. Die Bewertung des Putzes an Hand der genannten Versuche im Zusammenhang und in Wechselwirkung mit den einschlägigen mörteltechnischen Prüfungen entsprechend DIN-EN bilden schließlich die Grundlage für die Einstellung der Putzrezepturen. Um die Material- und Verarbeitungseigenschaften der Putzmörtel objektiver als bisher erfassen zu können, wurde ein Verfahren und die erforderliche Gerätetechnik entwickelt, worüber im Folgenden auszugsweise berichtet wird. | ||||||||||||||||
Einführung in die BetrachtungsweiseNach Habitus und Verhalten ist Putzmörtel kein Fluid im klassischem Sinne, gleichermaßen ist er kein Schüttgut. Auch kann dieser Mörtel nicht in die Gruppe der Suspensionen eingeordnet werden, da Haufwerkeigenschaften überwiegen. Durch beide, die Fluid- sowie die Haufwerkphase, werden seine Eigenschaften und sein Verhalten bei Einwirkung äußerer Kräfte bestimmt. Seinem Aufbau nach ist Putzmörtel ein sehr feinkörniges Schüttgut, dessen Partikel mit einem Fluid benetzt sind. Die Bearbeitung des frischen Putzes an der Wand, z.B. das Abziehen, erfolgt aus rheologischer Sicht in einem Bereich sehr kleiner Scherraten und sein Erscheinungsbild ähnelt eher einem Festkörper als einem Fluid. Abweichend von der bislang üblichen Charakterisierung der Mörtel durch Fließkurven werden daher andere bekannten rheologische Experimente zur Beschreibung von Putzmörteleigenschaften herangezogen. Das sind der Kriechversuch, der Schubversuch und der Spannversuch. Aus den folgenden Abbildungen sind die charakteristischen Merkmale solcher Versuche erkennbar.
In manchen Fällen der Materialprüfung erscheint eine Kopplung (Hintereinanderschaltung) von wenigstens zwei Versuchen dieser Art möglich. Durch den irreversiblen Strukturaufbau der Putzmörtel bedingt, ist dabei jedoch zu beachten, dass die kritischen Drehwinkelbereiche nicht zu nahe aneinander liegen (z.B. jI,1 << jB ) . | ||||||||||||||||
VersuchsdurchführungMit den Versuchen sollte geprüft werden, ob mit Hilfe rheologischer Untersuchungen Informationen zur Verarbeitbarkeit von Putzmörteln gewonnen werden können. Angepasst an die derzeitige Handhabung wurden daher einerseits die üblichen Technikumsversuche durchgeführt, allerdings ergänzt durch rheometrische Messungen, anderseits separate Untersuchungen von Putzmörteln im Labormaßstab nach einem angepassten Versuchsregime. A. Technikumsversuche gekoppelt mit Laboruntersuchungen Als Putzgrund standen gemauerte Wände ( 4 x 1,75 m2 ) aus Hohllochziegeln mit den Abmessungen 500 x 240 x 110 mm3 zur Verfügung. Das Aufbringen der Putze erfolgte mit einer Putzmaschine vom Typ solomix der Firma mtec. Die Temperatur im Technikum betrug ca. 20 °C. Der Putzmörtel wurde von 3 Putzern unabhängig voneinander verarbeitet und beurteilt. Parallel zu den jeweiligen Arbeitsschritten der Putzer erfolgten die Messungen im Labor. Dazu wurden während des Putzaufbringens, etwa nach Verbrauch der halben Mörtelmasse, 2-Liter-Proben in ein Gefäß gespritzt und damit das Ausbreitmaß bestimmt. Nach Abschluss der Aufbringphase wurden aus dem oberen Mauerverband ein Ziegelstein herausgelöst und mit dem Zeitrhythmus der Putzbearbeitung durch die Putzer die rhelogischen Untersuchungen durchgeführt. B. Laborversuche Unabhängig von den Technikumsversuchen wurden Laborversuche grundsätzlicher Art durchgeführt. Hierzu wurden 2-kg-Proben entsprechend DIN 18555 in einem Hobart-Mischer angerührt und mittels Hägermann-Ausbreittisch das Ausbreitmaß bestimmt. Als Sollbereich wurde ein Erfahrungswert von 165 < a < 175 mm festgelegt. Davon abweichende Proben wurden verworfen. Um die Saugfähigkeit des Putzgrundes in die Untersuchungen mit einbeziehen zu können, wurde zum einen die Glasplatte des Ausbreittisches (s. DIN 1060) mit einer doppelten Lage Filterplatten belegt, zum anderen durch Spaltplatten ersetzt. Für die rheologischen Untersuchungen stand ein Rheometer zur Verfügung, das nach einem Konzept von R.VOGEL-Forschungslabor gemeinsam mit RHEOTEST Medingen entwickelt wurde. Über gerätetechnische Details wird an anderer Stelle berichtet.
Das patentierte Messverfahren und die Messsonde werden an Hand von Abb.4 veranschaulicht. Danach wird die Messsonde in den Mörtelkuchen, der sich auf der Ausbreittischplatte befindet oder auf eine andere Unterlage aufgetragen/aufgespritzt wurde, - ohne weitere Beeinflussung - eingetaucht und das Kriech-, Schub- und Spannverhalten des Putzmörtels gemessen. Die erforderliche präzise Messung betrifft in erster Linie in variierbarer Zuordnung zu einander die drei Größen Zeit t, Drehmoment T und Drehwinkel j . Für bestimmte Fälle ist eine zusätzliche Höhendifferenzmessung erforderlich. | ||||||||||||||||
ErgebnisseUntersucht wurden fünf verschiedene Putzmörtel, siehe Tafel 1. Für die Technikumsversuche stand Sackware zur Verfügung. Die Laborversuche wurden mit rezepturgemäßen Gemengen nach Werkstandard durchgeführt und gezielte Variationen geprüft. Tafel 1 Beschreibung der verwendeten Werktrockenmörtel
In Tafel 2 sind die wesentlichen Ergebnisse der Putzversuche zusammengestellt. In den Zeilen 1, 8 und 9 ist das Urteil der Putzer festgehalten. Im Sprachgebrauch dieser Spezialisten wird mit Leichtigkeit der Kraftaufwand beim Arbeitsgang Abziehen verstanden, Klebrigkeit steht für das Anhaften des Mörtels an der Kartätsche und unter Geschmeidigkeit ist das Verhalten des Putzes in der zweiten Phase, beim Nachziehen fixiert. Diesen Aussagen sind die Angaben zum Ausbreitmaß in Zeile 3 direkt zu zuordnen. Die Putzereindrücke sind vergleichbar mit den Rheometer-Messergebnissen der Zeilen 2 und 13 bis 16 , da der Mörtel unter gleichen Voraussetzungen geprüft wurde. Betrachtet man die Angaben in den Zeilen 1, 2 und 3, so kann man feststellen:
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Tafel 2
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Als materialtypische Größe kann das Bruchmoment auch unter definierten Laborbedingungengen für Putzmörtel bestimmt werden. Diese Messergebnisse sind in Tafel 2 in den Zeilen 4 bis 7 zu finden. Mit einer Versuchsanordnung entsprechend Abb.4 , also Mörtelkuchen auf dichtem Putzgrund, wurden die Daten in Zeile 5 gefunden. Eine Variation des Putzgrundes, beispielsweise bei KZP, zeigt die Auswirkungen in den Zeilen 6 und 7.
Für die bei den Technikumsversuchen von den Putzern getroffenen Aussagen zur Klebrigkeit und Geschmeidigkeit des Putzes - siehe Zeile 8 und 9 , lassen die rheologischen Untersuchungen noch Fragen offen. Das liegt einerseits daran, daß Abweichungen vom Wunschzustand des Putzes ‚nicht klebrig’ und ‚gut’ bei der Aussage zur Geschmeidigkeit, ausschließlich - und nicht voneinander zu trennen - bei KGP 2 notiert wurden, anderseits, weil eine Zuordnung zu bekannten physikalischen Begriffen unsicher ist. Zieht man in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der Kriechversuche zu Rate, Zeilen 13 bis 16 , so gibt Zeile 14 einen Hinweis. Die dort angegebenen Werte der irreversiblen Deformation jII,120 / jI,1 für KGP 2 weichen auffällig von allen anderen Putzen ab. Aus dieser Feststellung ein Urteil abzuleiten, ist verfrüht, da hierzu die genaue stoffliche Zusammensetzung bekannt sein muß, die leider nicht zur Verfügung steht. Aus den Kriechversuchen kann man dann sicher noch eine Vielzahl von Schlüssen ziehen, wie die Angaben in den Zeilen 13 bis 16 vermuten lassen.
Dass unter anderem auch der Methyl-Cellulose-Anteil den Kurvenverlauf beeinflusst, soll Abb.6 veranschaulichen. Der Putzmörtel ohne MC ist sehr ‚scharf’ , der Bruch erinnert an einen Sprödbruch. Es ist zuerkennen, dass die Beimengung von MC nicht nur das Bruchmoment vermindert, sondern auch den Kurvenverlauf abflacht. Zuviel MC bedeuted demnach im oben diskutierten Sinne auch Klebrigkeit. Auch für diese Ergebnisse gilt a = 166 mm .
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Materialunterschiede recht deutlich ab. Benutzt man für die Auswertung des Rückverformungsbereiches eine Exp.-Funktion der Form bzw. in dimensionsloser Schreibweise , so liefert der Kriechversuch - siehe auch Abb.1 - insgesamt 7 Informationen und zwar die direkten jI,1; jII,1 ; jII,120 bzw. jII,¥ und die indirekten Meßgrößen a ; b ; c ; tanb . Aus der Darstellung der absoluten Messwerte in Abb.9 erkennt man den Unterschied in der Größenordnung der zuerst genannten Gruppe, die dimensionslose Darstellung vermittelt einen Eindruck zu den Differenzen in der zweiten Wertegruppe.
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Zusammenfassung und SchlussfolgerungenEs wird über Putzmörteltests im Technikum und Labor berichtet. Konventionelle Putzereinschätzungen zur Verarbeitbarkeit der Putze werden rheologischen Messungen gegenübergestellt. Die mit einer neuen Gerätetechnik bestimmten Frischmörteleigenschaften können den praktischen Erfahrungen bei der Verarbeitung zu geordnet werden. Wie der Vergleich der rheologischen Messungen mit Putzeraussagen zeigt, gibt es keine grundsätzlichen Diskrepanzen. Darüber hinaus liefern die rheologischen Kennwerte wertvolle Hinweise zur Qualitätskontrolle und für Neuentwicklungen von Putzen. Zur weiteren Vervollkommnung der Aussagekraft der Rheometer-Ergebnisse, insbesondere im Zusammenhang mit dem Kriechversuch, müssen über Modellgemenge gezielt Stoffparameter herausgearbeitet werden.
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